Vor der Damen-WM: Assistenztrainer Andreas Kappler im Interview, Teil 2

Uppsala – Am übermorgigen Samstag, 27. November, startet die WM der Damen im schwedischen Uppsala. Als Teil des deutschen Trainerstabs mit dabei ist Andreas Kappler, in Bayerns Floorballszene unter anderem auch als Staffmitglied des weiblichen süddeutschen U17-Landeskaders bekannt. Im Gespräch blickt er auf die kommenden Tage und erklärt, welche Schritte wichtig sein werden, um die Entwicklung der Sportart hierzulande, auch und vor allem für Mädchen und Frauen, voranzubringen. Teil 2: der deutsche Fahrplan fürs Turnier, die Herangehensweise gegen die Topnationen und ein Blick auf die Weltspitze.

Servus Andreas, in der WM-Vorrunde trefft ihr in Gruppe B auf die beiden Topfavoriten Schweden und Finnland sowie die Slowakei, gegen die Ihr beim Vorbereitungsturnier in Trencin zuletzt mit 0:9 unterlegen wart. Inwieweit war das schon ein Fingerzeig für die WM?

Kappler: „Man muss ganz klar sagen: Die Slowakei hat bei den Herren und bei den Damen in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Die Slowakinnen haben auch schon gezeigt, dass sie phasenweise gegen Topnationen wie Finnland mithalten können. In den Bereichen Athletik, Technik und Geschwindigkeit sind sie uns mittlerweile voraus. Die hohe 0:9-Niderlage in Trencin war sicher auch den vielen Ausfällen und Erkrankungen in unserer Mannschaft geschuldet. Allerdings waren wir in den ersten beiden Spielen gegen Polen und die Slowakei definitiv nicht parat, da haben wir keine gute Leistung gebracht. Bei der WM müssen wir das von Anfang an besser machen, gut vorbereitet und konzentriert in jedes Spiel gehen. An einem guten Tag, an dem wir alles reinwerfen, können wir auch gegen die Slowakei und Polen was holen.“

Stichwort „was holen“: Was ist drin bei der WM?

Kappler: „Unsere Gruppe ist sehr hart: Gegen die beiden Topnationen Schweden und Finnland ist es immer unglaublich schwer. Über die Slowakei haben wir ja schon gesprochen. Die anderen Teams haben die letzten zwei Jahre trotz Corona zum Teil komplett durchtrainiert und gespielt, die stehen voll im Saft. Wir müssen uns schon darüber im Klaren sein: Die internationale Floorball-Welt teilt sich nach wie vor in verschiedene Klassen auf. Die Topnationen trainieren unter ganz anderen Bedingungen, bauen auf eine viel größere Breite an Nachwuchsspielerinnen auf und bringen dadurch auch mehr exzellente Floorballerinnen hervor. Das haben wir einfach (noch) nicht in Deutschland im Damenbereich. Aber man muss sagen, dass unsere Damen unglaublich viel aus den limitierten Möglichkeiten machen. Wir sind ein sehr junges Team, vielleicht jünger denn je. Und wir haben einige Spielerinnen dabei, die immer in der Lage sind, an guten Tagen was zu reißen. Auch wir Trainer und Betreuer haben uns sehr intensiv vorbereitet, denn unsere Aufgabe ist es, unsere Spielerinnen so bereit zu machen, dass sie in entscheidenden Spielen parat sind und ihre bestmögliche Leistung abrufen. Mein Ziel ist der Verbleib unter den acht Topnationen, wenngleich wir wissen, dass das extrem schwierig wird.“

Andreas Kappler, Assistenztrainer der Damen-Nationalmannschaft und Staff-Mitglied des weiblichen U17-Landeskaders. (Foto: Kappler)

Welche Matches habt Ihr dafür als entscheidend ausgemacht?

Kappler: „Wichtig wird sein, dass wir gut ins Turnier reinkommen, gute Leistungen auf dem Feld bringen und respektable Ergebnisse gegen die Topnationen erzielen – hoffentlich ohne verletzungs- und krankheitsbedingte Ausfälle, vor allem natürlich ohne Covid-Ansteckungen. Nach den drei Vorrundenspielen haben wir dann einen Ruhetag vor dem entscheidenden Zwischenrundenspiel gegen den Ersten oder Zweiten der Gruppe C. Dieses Spiel entscheidet, ob wir in der A-Gruppe verbleiben. Mit einem Überraschungssieg gegen die Slowakei könnten wir den dritten Platz in der Vorrundengruppe belegen und so einen vielleicht einfacheren Gegner in der Zwischenrunde bekommen. Sollten wir Vorrundenvierter werden, spielen wir gegen eine gute Mannschaft aus der unteren Gruppe, da gilt es dann natürlich zu gewinnen, egal wer das ist. Wir freuen uns vor allem auf diese engeren Spiele: Gegen die Slowakei in der Vorrunde und dann vor allem die Zwischenrundenspiele, in denen wir mitspielen und spielerisch auch etwas gestalten können. Einfach wird es nicht, denn man lässt am Anfang gegen Schweden und Finnland einfach auch viel Kraft. Der Rhythmus und die Intensität über die gesamten zehn Tage mit täglichen Spielen, teilweise dazu noch Trainings, ist hoch. Wichtig ist, dass alle fit und gesund bleiben. Ausfälle könnten wir nicht so einfach kompensieren.“

Wie geht Ihr es gegen Schweden und Finnland an? Alles rausholen oder Kräfte für die späteren Aufgaben sparen?

Kappler: „Für mich persönlich ist immer ganz klar: Eine WM ist ein Karriere-Highlight, das gilt besonders für die Spiele gegen die Topnationen – wir messen uns immerhin in Schweden vor großem Publikum mit dem Gastgeber-Team. Siege gegen sie und Finnland liegen derzeit weit weg für uns unter normalen Bedingungen. Es geht darum, schnell die Nervosität abzuschütteln, in der Verteidigung die Schüsse gut zu blocken, aggressiv zu spielen und auch mal offensiv Akzente zu setzen – und so ein respektables Ergebnis zu erzielen. Die deutsche U19 hat bei ihrer jüngsten WM bewiesen, dass man mit guten Defensivleistungen auch gegen Nationen wie die Schweiz ein gutes Ergebnis erzielen kann. Dass dies gerade bei einer Damen-WM sehr schwer zu erreichen ist, ist uns allen klar. Letzten Endes stehen aber immer fünf Spielerinnen von beiden Mannschaften auf dem Feld und wenn wir alles geben, ist immer ein gutes Ergebnis drin. Für mich als Trainer – und davon gehe ich auch bei den Spielerinnen aus – würde ich immer alles rausholen wollen. Mich zu schonen, das wäre undenkbar.“

Finnland und Schweden, sind das denn deiner Meinung nach auch die heißesten Titelanwärter?

Kappler: „Die Schweiz hat nicht zuletzt bei der Heim-WM in Neuchâtel gezeigt, dass sie Spiele auch gegen die Top-Nationen gewinnen und gegebenenfalls auch nach Rückstand noch umbiegen kann. Gegen Tschechien hat das damals geklappt, gegen Schweden waren sie kurz davor. Tschechien ist sowieso immer für eine Überraschung gut. Mittelfristig halte ich die Slowakinnen für sehr stark, sie haben ein unglaubliches Tempo und Athletik und werden irgendwann die Top Vier ärgern können. Ich wünsche mir, dass mal eines dieser Teams außerhalb der Top Vier nach vorne kommt. Diesmal sehe ich aber noch nicht, wie jemand außer Tschechien und der Schweiz Nationen wie Schweden und Finnland wirklich gefährden könnte.“

Im morgigen Part des Gesprächs, unserem Interview Teil 3, widmen wir uns dem deutschen Kader, der heimischen Bundesliga und der Frage, wie Floorball in Deutschland seine Entwicklung im Mädchen- und Damenbereich vorantreiben kann.

Beitragsbild: Fabian Trees www.imagepower.ch/IFF

Teil 1 unseres Interviews findet sich hier.

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