Vor der Damen-WM: Assistenztrainer Andreas Kappler im Interview, Teil 3

Uppsala – Am morgigen Samstag, 27. November, startet die WM der Damen im schwedischen Uppsala. Als Teil des deutschen Trainerstabs mit dabei ist Andreas Kappler, in Bayerns Floorballszene unter anderem auch als Staffmitglied des weiblichen süddeutschen U17-Landeskaders bekannt. Im Gespräch blickt er auf die kommenden Tage und erklärt, welche Schritte wichtig sein werden, um die Entwicklung der Sportart hierzulande, auch und vor allem für Mädchen und Frauen, voranzubringen. Teil 3: der deutschen Kader, die heimischen Bundesliga und die Frage, wie Floorball in Deutschland seine Entwicklung im Mädchen- und Damenbereich vorantreiben kann.

Servus Andreas, nach dem gestrigen Blick in Richtung Weltspitze, zurück zum deutschen Team: Im Kader sind viele Spielerinnen, die bereits bei der U19 WM in diesem Jahr im Einsatz waren. Dafür sind langjährige Leistungsträgerinnen nicht mehr dabei. Wird diese WM als Umbruch angesehen?  

Kappler: „Einstellung, Motivation, Stimmung sind bei uns top, wir bauen auf ein unglaublich gutes Teamgefüge. Dazu zählen ein paar erfahrene Spielerinnen und ein paar junge super motivierte Spielerinnen. Das ist eine Kombination, mit der man einiges erreichen und weit kommen kann – auch wir Coaches und Betreuer kennen uns schon jahrelang und verstehen uns. Sicher ist es so, dass die ein oder andere erfahrene Spielerin einem Team immer guttut und es ist immer ein Verlust, wenn diese Zeit endet und Spielerinnen ihre Nationalmannschaftskarriere beenden. Im Damen-Floorball in Deutschland, aber auch der Schweiz, ist es ein Problem, dass viele Spielerinnen zu früh ihre Karriere beenden, was ich sehr schade finde. Das liegt auch daran, dass sie oft zu früh, vielleicht schon mit 15, 16 Jahren, in die Bundesliga oder in die NLA kommen. Dann haben sie mit Anfang bis Mitte 20 großen Aufwand betrieben, vieles gesehen und erlebt, und sind dadurch etwas gesättigt, manche können auch berufsbedingt mit Studium oder Arbeit nicht mehr den Aufwand bringen. Deshalb ist für Deutschland irgendwie jede WM ein Umbruch, weil wir immer wieder Spielerinnen verlieren und neue integrieren müssen. Das erfordert natürlich, dass gerade im Nachwuchsbereich viel gearbeitet werden muss. Sicher ist es für uns als Nationalmannschaft ein Manko, dass wir in jeder WM-Kampagne viel investieren müssen, um Spielerinnen wieder auf WM-Niveau zu bekommen. Das wird wohl auch nach der kommenden WM so sein. Ich sehe es aber immer auch als Chance für die jungen Spielerinnen.“

Andreas Kappler, Assistenztrainer der Damen-Nationalmannschaft und Staff-Mitglied des weiblichen U17-Landeskaders. (Foto: Kappler)

Wichtigster Pool ist dabei die Bundesliga, dort kommen diesmal alle Feldspielerinnen her. Hat sich das Spielniveau der Bundesliga entsprechend verbessert, dass eine höhere Leistungsdichte besteht?

Kappler: „Das ist etwas, was mir ganz große Sorgen macht. Ich denke, die anderen Nationen wie Polen und Slowakei, die uns wahrscheinlich inzwischen überholt haben, haben gezeigt, was man erreichen kann, wenn man diese höhere Leistungsdichte und besseres Niveau im Ligaspielbetrieb schafft. Dieses bessere Niveau kommt sicher aus der Masse an Spielerinnen, der Zahl der Mannschaften, aus besserem und intensiverem Training und der Dichte an Wettbewerb auf hohem Niveau. Einige Slowakinnen spielen auch in ausländischen, höheren Ligen, wo nochmal eine andere Intensität herrscht. Einige deutsche Spielerinnen haben sich diese Erfahrungen in der Vergangenheit zum Beispiel in der Schweiz geholt, das ist gerade nicht mehr so der Fall. Unsere beiden Goalies spielen derzeit in der Schweiz, alle WM-Feldspielerinnen spielen derzeit in Deutschland. Basierend auf den Spielen, die ich in den letzten Wochen online gesehen habe, habe ich den Eindruck, dass sich das Niveau der Damen-Bundesliga in Deutschland nicht genügend weiterentwickelt hat, um international voranzukommen. Es gibt Mannschaften in der Bundesliga, die sich verbessert haben. Aber das liegt vielleicht auch daran, dass es diverse Transfers von Spielerinnen zwischen den Bundesligateams gab. Der zur Verfügung stehende Spielerinnenpool ist aber fast derselbe geblieben, es fehlt einfach bundesweit eine intensive Nachwuchsarbeit im Damenbereich. Wir müssen sehen, dass es so extrem schwierig werden wird, den Platz in der A-Gruppe zu halten. Norwegen, Dänemark, Russland, Singapur, etc. machen stetig Fortschritte und wollen aufsteigen. Wir haben es bisher geschafft, diese Angriffe abzuwehren, aber das wird künftig nicht einfacher. Wir brauchen mehr Nachwuchsarbeit im Damen-Bereich und damit letzten Endes auch ein höheres Niveau in der Bundesliga. Aber ich bleibe zuversichtlich, auch weil ich weiß, dass Floorball Deutschland intensiv darüber nachdenkt wie man das erreichen kann.“

Wo müssen wir als Floorball-Community ansetzen?

Kappler: „Generell sieht man, dass im Nachwuchs in der Breite immer noch viel zu wenig gemacht wird. Es gibt viel zu wenige Mädchen- und Damenmannschaften. Da müssen wir an der Basis, alle Vereine, auch die kleinen, Mädchentraining anbieten und durchgängig alle Altersklassen besetzt haben. Es ist wichtig, dass die Bundesligamannschaften ihren Nachwuchs selber heranziehen und ausbilden. Wenn wir international wirklich eine Chance haben wollen, mittel- und langfristig, bei den Damen und auch bei den Herren, ist eine gute Trainerausbildung notwendig. Dazu ist die von Floorball Deutschland jetzt wieder erfolgreich initiierte C-Trainerausbildung ein wichtiger Schritt. Die besten Trainer müssen im Nachwuchs arbeiten, wir müssen ganz früh mit einer guten Spielerausbildung anfangen, um eine höhere Leistungsdichte zu schaffen. Das fehlt uns sicher noch. Damit einhergehen muss die Bildung von regionalen Auswahlmannschaften, auch im Damen-Bereich. In Bayern/Baden-Württemberg wurde vor Kurzem eine Damen-U17-Auswahl gegründet und die ersten beiden Auswahltrainingslager fanden schon statt. Das sind wichtige Schritte in die richtige Richtung. In dem Zusammenhang vielleicht noch ein Wort zu den Spielerinnen, die ihre (Nationalmannschafts-)Karriere beenden: Ich finde, es ist eine unserer Hauptaufgaben diese Spielerinnen langfristig im deutschen Floorball zu binden, entweder als Vereins- oder Verbands-Funktionärin. Oder vor allem, was mit sehr am Herzen liegt, als Trainerin beziehungsweise Jugendtrainerin. Da schlummert noch sehr viel Potenzial für eine bessere Entwicklung des Floorballsports in Deutschland. Umso mehr gilt: Was die Mädchen und Damen in der U19- und der Damennationalmannschaft seit Jahren leisten und erreicht haben, ist unglaublich. Dass sie es angesichts dieser relativ kleinen Damen-Floorball-Szene in Deutschland, inklusive der Bundesliga, seit Jahren schaffen, den Platz in der A-Gruppe zu halten, ist wirklich enorm.“

Vielen Dank fürs Gespräch, Bayerns Floorballer:innen wünschen Dir und der deutschen Nationalmannschaft eine tolle Zeit und eine erfolgreiche WM!

Beitragsbild: Michael Peter/IFF

Das gesamte Interview: Teil 1 und Teil 2.

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