U17-Wintertrophy 2024: Platz drei für den Süden

Bayern – Der bayerisch-baden-württembergische Landeskader hat die Titelverteidigung verpasst. Bei der U17-Wintertrophy der fünf deutschen Regionalauswahlen in Büttgen landete der Süden auf Platz drei. Im Interview schildert Landestrainer Federico Vanoni (mittig auf dem Beitragsfoto, Quelle: Floorball Deutschland) seine Sicht auf die vier Spiele seines Teams und fasst die frischesten Eindrücke zur süddeutschen Entwicklung im nationalen Vergleich zusammen.

Servus Federico, als Ziel war die Titelverteidigung ausgegeben, das hat nicht geklappt. Mit-Kapitän Jonathan Krevet sprach von einer Enttäuschung, dir wird es ähnlich gehen?

Vanoni: „Ja, aber auch wenn dieses Ziel verfehlt wurde, haben wir ein gutes Turnier gespielt, viel gelernt und Erfahrung gesammelt, die uns im Sommer hoffentlich helfen wird, die Trophy wieder in den Süden zu holen.“

Hangeln wir uns mal von Spiel zu Spiel. Den Auftakt des etwas undankbaren Programms von drei Spielen am Samstag machte die Partie gegen den Osten.

Vanoni: „Das erste Spiel an Deutschen Meisterschaften und Trophys ist immer etwas mühsam, so auch dieses Mal. Ost schien der erwartet schwierigste Gegner der Trophy zu werden, mit gutem Aufbauspiel und Übersicht in der Offensivzone. Wir sind anfangs etwas unsicher und brauchen zwei komplette Drittel, nach denen wir 0:2 zurückliegen, um wach zu werden. Im letzten Drittel sind wir voll drin, kommen mit einem Überzahltor wieder auf 1:2 (Kai Finkenwirth, 40., d. Red.) ran, ehe wir im Sechs-gegen-Fünf den Ausgleich erzielen (Finkenwirth, 45.). In der Overtime gehen die zwei Teams nicht voll ins Risiko, am Ende ist ein Unentschieden sicherlich für beide verdient, jedoch fühlt es sich für uns dank des starken Comebacks an, als hätten wir ein bis zwei Punkte liegen lassen.“

Doppeltorschütze gegen den Osten: Kai Finkenwirth vom FBC München. (Foto: Floorball Deutschland)


…was in der Vergangenheit ja schon öfter der Fall war und für den ein oder anderen dramatischen Trophy-Verlauf gesorgt hat. Trotzdem: Damit mussten gegen Sachsen-Anhalt fast schon dringend Punkte her – und deren Auswahl hatte zuvor den Norden mit 1:9 zerfleddert und sich so den Status des vermeintlichen Favoriten erarbeitet.

Vanoni: „Davon sind auch wir ausgegangen. Wir sind von Anfang an da und dominieren das Spiel. Etwas aus dem Nichts kam das 0:1, ein sehenswerter Distanzschuss. Im zweiten Drittel konnten wir den Rückstand drehen und dann mit 2:1 ins letzte Drittel gehen (Justus Lerchl, 21., und Johannes Probst, 26.). Dort erwischen wir den besseren Start und bauen unsere Führung aus (Johannes Probst, 31.) ehe wir in Unterzahl mit dem 4:1 (Roman Daugavet, 42.) alles klar machen. Ein wirklich dominantes Spiel von uns, das wir verdient gewonnen haben.“

Dann also das dritte Spiel des Tages, zur Primetime gegen den Westen, seines Zeichens Gastgeber und – was da noch niemand wissen konnte – späterer Trophy-Sieger.

Vanoni: „Wir kannten den Westen von der letzten Trophy als sehr abwartenden und konterstarken Gegner. Daher wollten wir im Aufbau geduldig bleiben und kluge Entscheidungen treffen. Wir gehen mit einem schönen Volley in Überzahl mit 1:0 in die erste Pause (Philipp Härter, 8.), schießen im zweiten Drittel sogar das 2:0 (Johannes Probst, 21.). Kurz vor der Pause wird ein abgefälschter Schuss zur Bogenlampe und segelt unter die Latte. Im letzten Drittel kriegen wir dann die Konterstärke von West zu spüren und sie erspielen sich das 2:2. Mit diesem Ergebnis ging es in die zweite Overtime des Turniers und wir wussten, wir brauchen den Extrapunkt, um den Trophy-Sieg am nächsten Tag voll und ganz aus eigener Kraft klarmachen zu können. In der Overtime nehmen wir noch einmal einige gute Abschlüsse, am Ende fehlt die Präzision, Abgeklärtheit oder das Glück um den Siegtreffer zu erzielen. Somit musste Sachsen-Anhalt in einem ihrer beiden Spiele tags darauf Punkte liegen lassen, damit wir die Trophy mit einem Sieg gegen Nord für uns entscheiden können.“

Das klappte wunschgemäß, gleich im ersten Sonntagsspiel unterlag Sachsen-Anhalt dem Osten mit 3:4. Hieß: Sieg gegen den Norden, Trophy-Sieg.

Vanoni: „Ja, und wir sind mit einem Tor unseres Jüngsten, Jeremias Probst, gleich im ersten Wechsel gut ins Spiel gekommen, werden aber danach zu undiszipliniert im Spiel mit Ball und in der Verteidigung, sodass wir zwei einfache Tore bekommen. Das 2:2 vor der Pause war unglaublich wichtig (Johannes Probst, 15.), umso mehr schmerzt der Treffer von Nord zum 2:3 zwei Sekunden vor der Sirene nach einem ruhenden Ball aus der Ecke. Im zweiten und dritten Drittel geht es hin und her, nach Toren auf beiden Seiten, fragwürdigen Schiedsrichterentscheidungen und dem Chancenplus für uns, geht es abermals nach 45 Minuten mit 6:6 (Je. Probst, 23., Joh. Probst, 26., Tom Zöllner, 37., Je. Probst, 37.) in die Overtime.“

Wer die Trophy verfolgt, muss stets auch gut die Tabelle durchrechnen können – so auch diesmal.

Vanoni: „Richtig. Klar war, dass uns mit großer Wahrscheinlichkeit auch ein Sieg in Overtime zum Trophysieg reichen würde. Daher sind wir auch da voll am Drücker, setzen kurz vor Schluss alles auf eine Karte und nehmen sogar den Torhüter raus. Dadurch kommen wir zu guten Abschlüssen, die aber nicht den Weg ins Tor finden. Kurz vor Schluss verlieren wir in der eigenen Hälfte den Ball, dieser kommt zu einem Nord-Spieler, der nur noch ins leere Tor einschieben muss. Wie in den Spielen davor waren wir das bessere Team, schaffen es aber nicht, aus dem Mehr an Chancen auch Tore zu erzielen.“

Damit war der Traum vom Trophy-Hattrick geplatzt. Schlussendlich langte es hinter West und Ost zu Rang drei. Wobei man sagen muss, dass auch die Tabelle wiedergibt, wie nah die Teams in ihrem Leistungsvermögen beisammen sind. Wie fällt die erste Analyse in der Gesamtschau aus?

Vanoni: „Unter allen Teams war eine deutliche Leistungssteigerung im Vergleich zur letzten Trophy erkennbar. Wir können wieder einmal von uns behaupten, unser Spiel mit viel Ballbesitz und Kontrolle über weite Strecken durchgezogen zu haben. Die meisten Auswahlen hatten mit denselben Problemen zu kämpfen wie wir – Stockfehler und falsche Entscheidungen führten oft zu unnötigen Ballverlusten, welche vor allem in der Mittelzone unbedingt vermieden werden müssen. Während wir in der Sommertrophy mit einem Torverhältnis von 12:8 aus dem Turnier gegangen sind, war es nun ein 14:12. Man kann aus den bloßen Ergebnissen heraus nicht sagen, dass wir überdurchschnittlich besser in der Offensive geworden sind.“

Johannes Probst (Angreifer, SV Amendingen, 2. v. links) und Jonathan Krevet (Verteidiger, Red Hocks Kaufering, 4. v. links) wurden für ihre Leistungen ins All-Star-Team berufen. (Foto: Floorball Deutschland)


Mit Entscheidungsfindung und Stockfehlern hast du die individuelle Ebene ja schon etwas beleuchtet. Im Stream war mehrfach von einem zu zaghaften Zweikampfverhalten, speziell beim Süden, die Rede. Eine Frage der Athletik, der Erfahrung, der Einstellung – oder schlicht nicht zutreffend?

Vanoni: „Das stimmt, unsere Zweikämpfe waren sicherlich nicht optimal. Meiner Meinung nach hatten aber alle Teams die gleichen Probleme – zu viele Zweikämpfe werden mit dem Stock geführt, anstatt mit dem Körper. Die Linie der Schiedsrichter, die Stockschläge nicht ahndet, jedoch jeden Pressingversuch beim kleinsten Körperkontakt abpfeift, hat sicherlich nicht geholfen. Das war so ein durchschnittliches Stimmungsbild der Landeskader- und Nationaltrainer. Wir werden auch daran weiterarbeiten, sehen dort aber kein Defizit im nationalen Vergleich. Woran wir sicher arbeiten können, sind energischere Zweikämpfe und Körperspannung – eine Frage der Einstellung.”

Dann mal weg vom individuellen, hin zum gruppen- und teamtaktischen Aspekt. Du hattest vorab angekündigt, dass da einige Fortschritte gemacht wurden, vor allem offensiv.

Vanoni: „Ja, zu sehen war aber, dass uns auch die Erfahrung fehlt, wann wir in der gegnerischen Zone offensiver und wann defensiver stehen müssen, also wann die Verteidiger mit in die Offensive kommen und wir einen vierten Mann vorschieben können, ohne das Risiko für einen Konter zu erhöhen. Dieser Kosten-Nutzen-Vergleich ist anfangs sehr schwierig.“

Und sonst?

Vanoni: „Sonst glaube ich, dass viel auch mental war – wir kommen als Trophy-Sieger nach Holzbüttgen, jeder will uns schlagen, die Nationalspieler sind unter Druck, weil sie für die Mannschaft und die Nationaltrainer liefern müssen und dann spielen wir vier knappe Spiele in einer Trophy, die vermutlich leistungsmäßig so eng beisammen war wie noch nie zuvor. Oftmals haben wir einfache Abschlüsse vorm Tor, die im Training wahrscheinlich reingehen, einfach danebengeschossen. Außerdem hat man in der Mannschaft gemerkt, wie die Teammoral bei einem Tor bzw. Gegentor komplett kippt, zwischen übertriebenem Selbstbewusstsein zu Nervosität und Druck. Hier müssen wir auf jeden Fall einen großen Schritt bis zum Sommer machen, dieses Turnier hat uns aber mit Sicherheit schon viel gelehrt.“

Wie sieht der weitere Fahrplan aus, um diese Lehren aufzugreifen?

Vanoni: „Das nächste Mal zu einem Entwicklungslehrgang sehen wir uns im Februar; darauf folgt eine Zusammenzug im April und ein Vorbereitunstrainingslager im Mai. Wir werden an uns arbeiten und bei der Sommer-Trophy ein Statement setzen!“

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