Kaufering – Er dürfte der derzeit einzige bayerische Vollprofi seiner Sportart sein: Zum 23. August, also vor genau einem Monat, hat Moritz Huppmann sein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) bei den Red Hocks angetreten. Im Gespräch schildern der 18-Jährige und sein Ansprechpartner Kevin Keß (Foto oben: Red Hocks/emtyvision), der den Posten selbst 2019/20 innehatte, welche Aufgaben damit verbunden sind. Was erhofft sich Kauferings Floorballsparte des VfL? Und was ist zu tun, um so eine Stelle anbieten zu können?
Servus Huppi, dein auf ein Jahr ausgelegtes berufliches Engagement für den Floorballsport in und um Kaufering ist nun einen Monat alt. Was erwartest du dir von diesem Kapitel in deinem Leben?
Huppmann: „Ich erwarte mir, dass ich viele neue Eindrücke, zum Beispiel durch meine Mitarbeit in der Spartenleitung, sammle und dass ich einiges Wissen in Richtung Sportmanagement und Eventorganisation sammle. Insgesamt hoffe ich, dass das Coronaloch vorbei ist und wir mit einer coolen Saison da herauskommen.“
Servus auch Kevin! Huppi ist der derzeit wohl einzige bayerische Floorball-Vollprofi, du warst 2019/20 der wahrscheinlich erste. Wie war diese Zeit?
Keß: „Mich beruflich zu hundert Prozent auf Floorball konzentrieren zu können, habe ich sehr genossen. Im Ehrenamt ist das sonst ja nicht möglich. Für die Sparte konnte ich viele Aufgaben angehen, die in den Jahren zuvor aufgrund fehlender Ressourcen liegen geblieben waren und gleichzeitig neue Projekte in Gang setzen. Dazu zählen beispielsweise die Kooperation mit dem Schweizer Verein UHC WaSa, Fortbildungsmaßnahmen für unsere Trainer und die Organisation von Großevents. Leider hat uns COVID-19 dann auf halber Strecke einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich habe aber trotzdem versucht, die freie Zeit so gut es ging zu nutzen und bin zufrieden mit dem, was wir in der Saison 2019/20 erreicht haben.“
“Mich beruflich zu hundert Prozent auf Floorball konzentrieren zu können, habe ich sehr genossen.” (Kevin Keß)
Was versprechen sich der VfL Kaufering und seine Floorballer davon, ein FSJ anzubieten?
Keß: „Zunächst einmal wollen wir engagierten Jugendlichen die Möglichkeit bieten, ihr FSJ im Floorball zu absolvieren. Für mich bot die Zeit eine unglaublich schöne Erfahrung und eine Chance, Kompetenzen zu erwerben, die Schule und Studium nicht bieten können. Ich hoffe, dass meine Nachfolger:Innen das ähnlich empfinden werden. Und wenn sie uns auch nach dem FSJ noch ehrenamtlich erhalten bleiben, haben wir damit doppelten Erfolg. Prinzipiell sind wir auch trotz zahlreichen Ehrenämter in den letzten Jahren häufig an unsere personellen Grenzen gestoßen. Um neue Ideen umsetzen und uns selbst weiterzuentwickeln, benötigen wir dringend eine jährlich besetzte Vollzeitstelle. Hier ist das FSJ für uns aktuell die einzige, aber sehr gute Lösung. Uns ist es sehr wichtig, dass wir den bestehenden Helfer:innen dadurch nicht ihre Posten wegnehmen. Stattdessen soll der/die FSJler:in für eine Steigerung der Qualität – beispielsweise im Training – sorgen und neue Aufgabenbereiche erschließen.“
Stichwort „Aufgaben“. Welche erfüllt der/die FSJler:in konkret?
Huppmann: „Ich arbeite 38,5 Stunden pro Woche für und in der Sparte Floorball. In 20,5 Stunden davon geht es um die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen – in Mannschaftstrainings, Technik- und Torwarttrainings und Besuchen im Schulsport. Der Tagesablauf ist dabei sehr variabel. Zu den restlichen 18 Stunden pro Woche gehören die Mitarbeit in der Spartenleitung als Materialwart und bei der Mitgliederverwaltung, Videoanalysen und Projekt- beziehungsweise Eventplanung für mein großes Abschlussprojekt. Außerdem bringe ich mich bei Jugendspieltagen ein, als Trainer oder als Helfer.“
Keß: „Die Trainingszeiten bilden so etwas wie Basis des Wochenplans, der durch sich wöchentlich ändernde Arbeitszeiten im Schulsport und im Spielbetrieb am Wochenende ergänzt wird. Die organisatorischen Projekte variieren hingegen sehr stark in Dauer und Umfang. Hier wird es Aufgaben geben, die einmalig und innerhalb weniger Tage erledigt werden müssen, aber auch solche, die sich über mehrere Monate erstrecken, wie beispielsweise die Planung einer Großveranstaltung. Insgesamt ist das FSJ unglaublich abwechslungsreich und bietet verschiedene Möglichkeiten, bestehende Kompetenzen anzuwenden, aber auch neue zu erwerben.“
Diesen angesprochenen Wochenplan erstellst du, Kevin, als FSJ-Ansprechpartner in Absprache mit Huppi und der Spartenleitung. Wie geht Ihr dabei vor, worauf ist zu achten?
Keß: „Moritz hat die zeitliche Gewichtung ja schon geschildert. Wir unterscheiden zwischen zwei Bereichen: Der praktischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, die mindestens 50 Prozent des FSJ ausmachen muss, und den organisatorischen Aufgaben für die Spartenleitung. Der Praxisteil hängt dabei sehr von der Person ab. Da Moritz bereits seit einigen Jahren als Trainer bei uns tätig ist, wird er auch während seines FSJ zwei Trainerämter bekleiden und somit einen großen Teil seiner Arbeitszeit in der Sporthalle verbringen. Zusätzlich möchten wir uns, wie bereits vor zwei Jahren, in den Sportunterricht der Schulen einbringen und Floorball somit populärer machen. Da diese Aufgabe von berufstätigen Personen nur schwer erfüllt werden kann, bietet sich der/die FSJler:in hier besonders an. Aber auch zusätzliche Techniktrainings für engagierte Spieler:innen sollen kommende Saison erstmalig angeboten werden. Im organisatorischen Teil sollen hingegen neue Projekte gestartet und bestehende Projekte, die viel Zeit benötigen, fortgeführt werden. Diese Aufgaben ändern sich permanent und sind von Verein zu Verein unterschiedlich. Um ein paar Beispiele zu geben: Wir möchten aktuell unsere Trainingsqualität durch Videocoaching verbessern, Großevents für die Zeit nach Corona planen und ein gesamtheitliches Konzept für die nächsten Jahre erarbeiten. Hierbei unterstützt uns Moritz.“
Ist es als Verein organisatorisch denn schwierig, ein FSJ auf die Beine zu stellen?
Keß: „Nein, die Voraussetzungen sind recht einfach zu definieren. Der Verein muss sich zuerst als Einsatzstelle bei der Bayerischen Sportjugend (BSJ) anerkennen lassen. Anschließend können interessierte Sportler:innen sich auf der Homepage des BSJ für die Stelle bewerben. Da Floorball aber nach wie vor Nischensportart ist und qualifizierte Bewerber:innen somit nicht auf den Bäumen wachsen, gehen wir gezielt auf unsere Mitglieder im entsprechenden Alter zu und werben für unser Angebot. Zudem müssen natürlich einige bürokratische Aufgaben erledigt werden, um ein FSJ zu ermöglichen. Hierbei unterstützt uns allerdings der Vorstand des VfL Kaufering tatkräftig. Natürlich benötigt der/die FSJler:in auch Betreuung und Einweisungen in die Aufgaben. Aufgrund unserer aktuell breit aufgestellten Spartenleitung und den zahlreichen Trainer:innen können wir hier bestmöglichen Unterstützung leisten.“
“Die Voraussetzungen für ein FSJ sind recht einfach zu definieren.” (Kevin Keß)
Neben der organisatorischen gibt es auch die finanzielle Seite: Was kostet so ein FSJ den Verein?
Keß: „Wir zahlen monatlich 450 € an die BSJ. Darin enthalten sind das Taschengeld, die Kosten für Sozialversicherung und Verwaltung, sowie die Unterkunft und Verpflegung bei den 25 Bildungstagen, die der/die FSJler:in absolviert. Zusätzlich erstatten wir die Fahrtkosten für Dienstreisen und die bereits genannten Bildungsseminare. Ein wichtiges Mittel zur Finanzierung ist für uns der Spartenbeitrag, den wir seit zwei Jahren erheben. Je nach Profil der/der FSJler:in kann er sich aber natürlich auch in der Sponsorenakquise einbringen, sodass sich die Stelle im Erfolgsfall quasi ein Stück selbst trägt.“
Wo wir beim Geld sind: Ist es ein Geheimnis, was du verdienst, Huppi?
Huppmann: „Nein, als FSJler:in erhält man ein monatliches Taschengeld von 314 Euro.“
Keß: „Aus meiner Sicht ein netter Zusatz zu den Erfahrungen, die man während des FSJ sammelt.“
So ein FSJ bringt ja mit sich, dass der Verein jedes Jahr auf Bewerbersuche gehen muss. Wie kamst du zu dieser Stelle, Huppi?
Huppmann: „Ich habe dieses Jahr mein Abitur gemacht. Allerdings bin ich mir noch nicht ganz sicher, ob und welches Studium ich machen will. Als ich auf die freie FSJ-Stelle bei den Red Hocks angesprochen wurde, wurde mir klar, dass das die perfekte Möglichkeit ist herauszufinden, ob mir ein Studium in Richtung Sport taugen könnte.“
Kevin, aus Vereinssicht: Wie gehen die Red Hocks und der VfL Kaufering bei ihrer Bewerbersuche vor?
Keß: „Dazu haben wir uns in den letzten zwei Jahren viele Gedanken gemacht. Um die FSJ-Stelle jährlich besetzen zu können, ist es notwendig, frühzeitig mit der Suche zu starten. So haben wir uns Anfang 2021 bereits nach Kandidat:innen für die nächsten drei Jahre umgesehen und uns einen Überblick verschafft. Gleichzeitig wissen unsere Mitglieder durch diesen frühzeitigen Kontakt über die FSJ-Stelle Bescheid und behalten sie als Option nach der Schule im Hinterkopf. Mit dieser Strategie hoffen wir, auch in den nächsten Jahren Freiwillige für uns zu gewinnen. Da wir Kandidat:innen mit Floorballerfahrung brauchen und keine Wohnung stellen können – die sind in Kaufering leider rar und teuer –, suchen wir vor allem im eigenen Nachwuchs. Das bedeutet aber auch, dass wir unsere Freiwilligen gut kennen, ihre Interessen einschätzen und diesen in der Planung den entsprechenden Stellenwert einräumen können. Somit haben wir also eine kleine, aber hochwertige Auswahl. Bei Moritz hat das geklappt.“
Kooperation mit dem bayerischen Floorball-Verband möglich: Bayerische Floorballvereine und -abteilungen, die mit dem Gedanken spielen, eine FSJ-Stelle zu schaffen, aber nicht genügend Aufgaben und Themen für eine Vollzeitstelle haben, können mit dem Sportverband zusammenarbeiten. Unterstützung bei Schulbesuchen sowie Spieltags- und Turnierorganisation sind kontinuierliche Aufgaben, bei denen der Floorball Verband Bayern um jede Unterstützung dankbar ist. Eine entsprechend anteilige Beteiligung an den FSJ-Kosten sowie eine Betreuung durch einen Mitarbeiter des Verbandes können in die Zusammenarbeit eingebracht werden. Bei Interesse an einer FSJ-Partnerschaft können sich Vereine und Abteilungen gerne via info@floorball-bayern.de melden.